LNG-Terminal statt Pipeline Wie viel Flüssiggas wurde bisher importiert?

Flüssiggas (LNG) soll bei der deutschen Gasversorgung eine Schlüsselrolle zukommen. Aktuelle Zahlen zeigen aber: Noch wird nur wenig LNG importiert.

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LNG-Terminal statt Pipeline - Wie viel Flüssiggas wurde bisher importiert?

Der Russland-Ukraine-Krieg hat Deutschlands Abhängigkeit von russischem Erdgas deutlich aufgezeigt: Noch 2021 war mehr als die Hälfte des deutschen Gasbedarfs mit Importen aus Russland gedeckt worden, seit August 2022 bleiben nun allerdings sämtliche Lieferungen aus.

Als Antwort darauf hat die Bundesregierung ihre Beschaffungsstrategie geändert, unter anderem wird nun auf die Integration von Flüssigerdgas (LNG) als alternative Gasquelle gesetzt. Dafür wurden Milliardensummen in die notwendige Infrastruktur investiert, drei LNG-Terminals gibt es bereits. Doch hat sich der finanzielle Aufwand gelohnt? Wie wichtig ist Flüssiggas schon für Deutschlands Energiewirtschaft? Wir geben Ihnen ein erstes Zwischenupdate.

Was ist LNG überhaupt?

LNG ist die Abkürzung für Liquefied Natural Gas, es handelt sich dabei also um Flüssigerdgas. Oftmals findet sich ebenso die kürzere Bezeichnung Flüssiggas, auch wenn damit eigentlich ein anderer Stoff gemeint ist. LNG ist wie herkömmliches Erdgas zu Beginn noch gasförmig, im Rahmen des Produktionsprozesses wird es durch die Abkühlung auf extrem niedrige Temperaturen aber in den flüssigen Aggregatzustand überführt. Vor der Verflüssigung wird das Erdgas noch von unerwünschten Bestandteilen wie Stickstoff, Wasser oder Kohlendioxid gereinigt, wodurch es eine Methankonzentration von etwa 98 Prozent aufweist; der Kondensationspunkt von Methan liegt bei -162° C.

Dieser mehrstufige Abkühlungsprozess erfordert hohen Druck und führt zu einer erheblichen Volumenkompression. Das Volumen reduziert sich tatsächlich um ungefähr das 600-fache! Das ermöglicht den Transport des verflüssigten Erdgases in Containern, eine ressourcenaufwendige Lieferung via Pipeline ist nicht notwendig. Hierbei kommen normalerweise spezielle LNG-Tankschiffe zum Einsatz, obwohl auch der Landtransport theoretisch machbar ist. Der Versand von verflüssigtem Erdgas ist somit deutlich effizienter und günstiger als beim gasförmigen Pendant.

Nach Ankunft des LNG wird es am Bestimmungsort sofort regasifiziert, also in seinen gasförmigen Zustand zurückverwandelt. In speziellen Regasifizierungsanlagen wird das LNG stark erwärmt, um es in seinen gasförmigen Aggregatzustand zu überführen, bevor es an Verbraucher und Industrie weiterverteilt wird.

Weltweit gehören zu den bedeutendsten LNG-Exporteuren derzeit unter anderem die Vereinigten Staaten, Australien, Russland und Malaysia. Zusätzlich hat Deutschland ein Lieferabkommen mit Katar unterzeichnet, das 2026 in Kraft treten wird. Jährlich sollen dann zwei Millionen Tonnen LNG nach Deutschland geliefert werden, und zwar mindestens fünfzehn Jahre lang.

Erste LNG-Terminals in Deutschland

Flüssigerdgas kann zwar ganz normal in Containern verschifft werden, im Gegensatz zu herkömmlichen Waren können sie aber nicht einfach an einem konventionellen Hafen andocken. Aufgrund der erforderlichen Regasifizierung sind spezielle LNG-Terminals unerlässlich, an diesen Orten wird das verflüssigte Erdgas dann direkt wieder in seinen gasförmigen Zustand überführt und anschließend weiterverbreitet.

Bei solchen Einfuhrterminals muss obendrein zwischen festen und schwimmenden LNG-Terminals differenziert werden. Feste LNG-Terminals befinden sich an Land und sind folglich stationäre Gebäude. Schwimmende Terminals hingegen sind spezialisierte Schiffe, die in Küstennähe verankert sind. Von dort aus werden sie über Pipelines mit der auf dem Land befindlichen Infrastruktur verbunden. Diese Terminalschiffe werden fachsprachlich als FSRUs (Floating Storage and Regasification Units) bezeichnet, da auch sie direkt die Regasifizierung durchführen.

Da Deutschland lange Zeit überhaupt keinen Bedarf nach verflüssigtem Erdgas hatte, gab es hierzulande zu Beginn der Energiekrise folgerichtig auch keinerlei LNG-Terminals. Aus diesem Grund wurde im Mai 2022 das LNG-Beschleunigungsgesetz verabschiedet, das den Bau von LNG-Terminals vorantreiben sollte. Schließlich wurde Ende 2022 das erste schwimmende Terminal in Wilhelmshaven in Betrieb genommen.

Derzeit sind in Deutschland drei LNG-Terminals in Betrieb:

  • 1) Wilhelmshaven, Niedersachsen (schwimmend) – aktiv seit Dezember 2022
  • 2) Lubmin, Mecklenburg-Vorpommern (schwimmend) – aktiv seit Januar 2023
  • 3) Brunsbüttel, Schleswig-Holstein (schwimmend) – aktive seit Januar 2023

Zukünftig ist in Wilhelmshaven und Lubmin jeweils noch ein zweites schwimmendes Terminal geplant, hinzu kommen Rügen und Stade als weitere mögliche Standorte. Zusätzlich sind feste LNG-Terminals in Wilhelmshaven, Brunsbüttel und Stade in Vorbereitung, wobei ihre Fertigstellung wohl nicht vor 2025 erfolgen wird.

LNG-Anteil an Gasimporten aktuell noch gering

LNG als billiger Ersatz für herkömmliches Erdgas – die Bundesregierung setzte große Erwartungen in die Einfuhr von LNG, dementsprechend wurde der Ausbau der notwendigen Infrastruktur vorangetrieben. Das Budget hierfür liegt bis 2038 bei fast 10 Milliarden Euro, Kritiker fürchten aber bereits jetzt weit höhere Ausgaben.

Zum aktuellen Zeitpunkt haben sich diese Investitionen noch nicht ausgezahlt, wie erste Zahlen der Bundesnetzagentur zeigen. Insgesamt 526 Terawattstunden (TWh) Erdgas wurden in der ersten Jahreshälfte 2023 nach Deutschland importiert, der Großteil aus Norwegen. Von dieser enormen Menge an Erdgas waren indes lediglich 33,8 Terawattstunden verflüssigt; davon entfielen 21,8 TWh auf das Terminal in Wilhelmshaven, 6,8 TWh auf das Terminal in Lubmin und 5,2 TWh auf Brunsbüttel. Insgesamt liegt der Importanteil von LNG also derzeit bei nur 6,4 Prozent.

Die LNG-Terminals sind hingegen für einen deutlich größeren Betrieb ausgelegt, schon jetzt liegen die Importkapazitäten bei über 130 Terawattstunden, und diese Zahl soll sich in den nächsten fünf Jahren sogar noch vervierfachen. Von einer Vollauslastung kann also nicht die Rede sein, dennoch schreitet der Bau weiterer LNG-Terminals weiter voran. Angesichts dessen mehren sich die Bedenken, dass hier für teures Geld unnötige Überkapazitäten für fossile Energie geschaffen werden könnten. Es muss jedoch betont werden, dass die aktuellen Zahlen nur eine Momentaufnahme darstellen. Zudem könnten LNG-Terminals im besten Fall auch für die Einfuhr von klimaneutralem Wasserstoff genutzt werden.

Trotzdem gibt es zunehmende Zweifel, ob die potenzielle Versorgungslücke korrekt eingeschätzt wurde und ob LNG tatsächlich notwendig ist, um die deutsche Gasversorgung zu tragen. Zu den Skeptikern gehört auch das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), demzufolge sei zumindest der Bau von festen, landbasierten LNG-Terminals „weder aus energiewirtschaftlicher Sicht notwendig noch klimapolitisch sinnvoll“.

Die Euphorie für Flüssiggas ist langsam aber sicher abgeflaut. Widerstand formiert sich auch auf Rügen, wo im kommenden Winter ein LNG-Terminal in Betrieb genommen werden soll. Anwohner fürchten massive Umweltverschmutzung sowie erhöhte Lärmbelastung und protestieren lautstark gegen das Vorhaben der Bundesregierung. Und auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) befürchtet „tiefgreifende und irreparable Auswirkungen“ auf die Umwelt zu Land und zu Wasser. Ohnehin wird die Notwendigkeit des Vorhabens von vielen Seiten in Frage gestellt, Stand jetzt hat sich an den Ausbauplänen aber noch nichts geändert.

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