Wo Anbieter einkaufen Alles zur Strombörse
Energieversorger stellen ihren Strom meistens nicht selbst her, sondern kaufen ihn an der Börse ein. Erfahren Sie hier, wie das funktioniert!
Jetzt registrierenDer Strom, der aus der heimischen Steckdose fließt, wird von Ihrem Energieanbieter geliefert, das ist klar. Aber haben Sie sich jemals gefragt, wo dieser Strom eigentlich herkommt? Entgegen gängiger Ansicht produzieren die meisten Versorgungsunternehmen ihren Strom nämlich nicht selbst, sondern kaufen die benötigte Energie schlichtweg ein. Bei Strom (und auch Gas) handelt es sich also um eine ganz normale Ware.
Solche Käufe geschehen in der Regel auf einer Strombörse bzw. Energiebörse. Diese Großmärkte sind ein essenzieller Bestandteil der Energiewirtschaft und haben maßgeblichen Einfluss auf die Preisbildung von Strom und Gas. In diesem Artikel erfahren Sie, was es mit diesen Handelsplätzen auf sich hat.
Was ist eine Strombörse?
Auf einer Energiebörse werden Energieprodukte gehandelt, ähnlich wie an der Wall Street. In Europa gibt es zwei bedeutende Großmärkte für Strom und Gas: Die EEX (European Energy Exchange) in Leipzig sowie die EPEX SPOT (European Power Exchange) in Paris, bei Letzterer handelt es sich allerdings um eine reine Strombörse.
Die EEX fungiert größtenteils als sogenannter Terminmarkt. Das bedeutet: Hier werden Strom und Gas als Teil einer langfristigen Beschaffungsstrategie erworben, teilweise viele Jahre im Voraus. Hierzu werden entsprechende Lieferverträge abgeschlossen, sogenannte Futures. Folgende Futures sind üblich:
- 1) Weekend-Futures: bis zu zwei Wochenenden im Voraus
- 2) Week-Futures: bis zu fünf Wochen im Voraus
- 3) Month-Futures: bis zu zehn Monate im Voraus
- 4) Quarter-Futures: bis zu elf Quartale im Voraus
- 5) Year-Futures: bis zu sechs Jahre im Voraus
Für Stromanbieter ist ein derartiges Vertragsmodell sehr vorteilhaft: Durch die hohe Preissicherheit haben sie langfristige Planungssicherheit, denn heute eingekaufter Strom wird je nach Lieferdauer auch in vielen Jahren zum exakt gleichen Preis verfügbar sein, was Anbieter vor Marktschwankungen schützt.
Die EPEX ist im Gegensatz dazu ein sogenannter Spotmarkt. Das bedeutet: Hier wird Strom kurzfristig angeboten. Auf dem Day-Ahead-Markt können Versorger ihre Energie für den nächsten Tag einkaufen, der Intraday-Markt stellt diesen sogar am selben Tag zur Verfügung. Energie wird dann in stündlichen oder gar viertelstündlichen Blöcken gehandelt, die Lieferung erfolgt unverzüglich. Der Handel muss nur spätestens fünf Minuten vor der Lieferung abgeschlossen sein. Somit können Anbieter beispielsweise bis 15:55 Uhr noch Strom für den Zeitraum von 16:00 bis 16:15 Uhr erwerben.
Dieser Mechanismus ist ein notwendiger Bestandteil des Energiemarktes, so waghalsig er auf den ersten Blick auch klingt. Das liegt unter anderem daran, dass sich die genaue Kundennachfrage nicht exakt prognostizieren lässt, egal wie umsichtig ein Unternehmen in die Zukunft geplant hat. Deshalb müssen Versorger häufig kurzfristig zusätzliche Energie einkaufen.
Grüne Energie an der Strombörse
Der Spotmarkt ist allerdings noch aus einem anderen Grund wichtig: Das hängt vor allem mit der verstärkten Integration von grüner Energie zusammen. Regenerative Energien sind nämlich intermittierende Energiequellen, die keine gleichmäßige Stromeinspeisung gewährleisten können. schließlich unterliegen sie meteorologischen Faktoren. Letztlich bestimmt die Natur, wie hoch die Windstärke oder Sonneneinstrahlung an einem Tag ist.
Solar- und Windkraftwerke produzieren deshalb keine konstante Strommenge. Der Day-Ahead-Handel und insbesondere der Intraday-Handel tragen daher dazu bei, diese Schwankungen auszugleichen und eine kontinuierliche und verlässliche Energieversorgung sicherzustellen. Mit einem steigenden Anteil erneuerbarer Energien wird es umso wichtiger, flexibel auf alle Eventualitäten reagieren zu können.
Für Kunden hat die vermehrte Einspeisung von grüner Energie einen bedeutenden Vorteil: Sie kann zu einem sinkenden Strompreis führen. Das liegt an der sogenannten Merit-Order, welche die Preisbildung am Spotmarkt regelt. Dabei werden Kraftwerke nach ihren Stromproduktionskosten sortiert, wobei jene mit den günstigsten Produktionskosten Priorität erhalten. Vor allem Windkraft-, Wasser- und Photovoltaikanlagen haben dabei einen Vorteil, da sie während der Produktion kaum Kosten verursachen. Im Gegensatz dazu ist die Energieerzeugung durch fossile Brennstoffe aufgrund der CO2-Emissionen äußerst teuer.
Beim Day-Ahead-Markt werden nun nacheinander alle Kraftwerke zur Deckung des Gesamtstrombedarfs herangezogen, und zwar beginnend mit dem Kraftwerk, welches den Strom an günstigsten herstellt. Der Endpreis wird dann durch das letzte Kraftwerk bestimmt, das erforderlich war, um die Nachfrage zu befriedigen. Dieser Preis gilt dann am nächsten Tag für alle Transaktionen – ganz unabhängig davon, welches Kraftwerk den Strom verkauft.
Je höher der Anteil günstiger grüner Energie ist, desto niedriger wird somit oft auch der endgültige Schwellenwert sein. In manchen Fällen kann es sogar zu negativen Strompreisen auf dem Spotmarkt kommen, wenn das Angebot die Nachfrage übersteigt, etwa bei starkem Wind und hoher Sonneneinstrahlung. Nachhaltigkeit bewirkt also auch niedrigere Marktpreise!
2023: Sinkende Börsenpreise, sinkende Kundenpreise
Diese Großhandelspreise an der Börse sind aber nicht nur für Energieversorger relevant, sondern haben auch direkte Folgen auf den Strompreis für Endkunden. Anbieter geben ihre Beschaffungskosten üblicherweise direkt an die Verbraucher weiter. Diese Kosten sind bekanntermaßen vom Börsenpreis abhängig, daher bewirkt ein niedriger Börsenkurs mittelfristig niedrigere Energiepreise.
Dabei ist auch zu beachten, dass die Preise für Strom und Gas miteinander verknüpft sind, und zwar gerade wegen der obig beschriebenen Merit-Order: Das zuletzt hinzugezogene Kraftwerk, welches den endgültigen Preis auf dem Day-Ahead-Markt bestimmt, ist oft ein Gaskraftwerk. Dadurch verändert der Gaspreis unweigerlich auch den Strompreis.
Dies wurde gerade während der Energiekrise 2022 deutlich, als die Preise an der Strombörse aufgrund des Russland-Ukraine-Krieges astronomische Rekordhöhen erreichten. Ausbleibende Gaslieferungen und allgemeine Panik trieben den Börsenpreis immer weiter nach oben, ausbaden mussten das vor allem die Verbraucher.
Diese horrenden Strom- und Gaspreise gehören mittlerweile aber der Vergangenheit an, die Lage hat sich wieder entspannt. Der Börsenpreis ist zwar immer noch über Vorkrisenniveau und wird dies wahrscheinlich auch noch eine Weile bleiben, aber im Vergleich zu 2022 sind die Energiepreise bereits deutlich gesunken. Das ist nicht zuletzt dem milden Wetter geschuldet: Die Heizsaison ist vorbei, die Gasspeicher glücklicherweise weiterhin gut gefüllt.
Davon können nun viele Endkunden profitieren: Auf dem Markt gibt es wieder vermehrt Verträge mit günstigen Preiskonditionen, manche Tarife liegen sogar unter dem Preisdeckel. Allerdings gilt das nur für Neukundentarife, während Bestandskunden weiterhin in ihren teuren Verträgen verbleiben. Wir raten Ihnen deshalb, einen Tarifwechsel in Betracht zu ziehen. Unsere Empfehlung: Überprüfen Sie mithilfe unseres Rechners, ob es für Sie bessere Tarifalternativen gibt!